Die unendliche Geschichte – leider nicht nur im Titel

Der Autor

dpa/Jörg Schmitt

Michael Ende, am 12. November 1929 geboren und am 28. August 1995 im Alter von 65 Jahren verstorben, zählt zu den erfolgreichsten deutschen Jugendbuchautoren. Neben seinem erfolgreichsten und vielfach adaptierten Buch Die unendliche Geschichte, sind die bekanntesten Werke sicherlich Momo sowie Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer. 

Die unendliche Geschichte wurde in drei Teilen verfilmt, wobei der dritte Teil nur sehr wenig mit dem Buch zu tun hat. Ende selbst distanzierte sich nach anfänglicher Unterstützung klar von den Filmen, da sie zu sehr vom Buch abwichen. Eine Klage blieb erfolglos.

Der Inhalt

Hier will ich gar nicht ins Detail gehen, ich denke die Grundstory kennt (fast) jeder, das Buch ist weltweit bekannt. Daher nur ein ganz kurzer Abriss an dieser Stelle.

Der in der Schule unbeliebte, etwas übergewichtige Bücherwurm und Halbwaise Bastian Balthasar Bux klaut ein Buch aus einer Bücherei – Die unendliche Geschichte. Dort liest er von Phantasien, einer Welt die dem Untergang geweiht ist, wenn nicht ein Menschenkind der dort herrschenden kindlichen Kaiserin einen neuen Namen gibt.

Thienemann-Esslinger Verlag

Bastian findet sich im Laufe der Lektüre irgendwann wie durch Zauberhand selbst in Phantasien wieder und wird dort nach und nach mit nahezu grenzenloser Macht versehen. Die bleibt jedoch nicht ohne Folgen, denn jeder Wunsch, den er sich mit dem Amulett AURYN erfüllt, führt dazu, dass er etwas aus seinem alten Leben vergisst. 

Es folgt nach vielen Irrwegen die Suche nach der Rückkehrmöglichkeit zu seinem Vater und in sein altes Leben.

Das Leseerlebnis

Bei der unendlichen Geschichte von Michael Ende handelt es sich um ein Kinder- und Jugendbuch. Daher lag der Gedanke nahe, es meinen Töchtern – neun und sieben Jahre alt – vorzulesen. 

Dieses Vorlese-Ritual vor dem Zu-Bett-gehen pflegen wir inzwischen schon seit über zwei Jahren und haben dabei die ersten beiden Bände Harry Potter, Die kleine Hexe oder auch Klassiker wie Der Zauberer von Oz verarbeitet.

Zuletzt starteten wir also mit Die unendliche Geschichte und ich las jeden Abend ein halbes Kapitel vor. Bei insgesamt 475 Seiten und 26 Kapiteln ein etwas längeres Unterfangen, da es natürlich auch Abende gab, an denen es zu spät wurde oder jemand von uns zu müde war. 

Das Buch muss ich dabei in mehreren Teilen beurteilen, denn diese Lesereise war geprägt von Höhen und Tiefen. Das erste Drittel des Buches – ungefähr bis zu der Stelle, an welcher Bastian selbst Phantasien betritt – war spannend, kurzweilig und unterhaltsam. Die Kinder, speziell unsere Große, waren mit einem halben Kapitel meist eher unzufrieden und hätten gern mehr auf einmal gehört.

Barrett Oliver als Bastian Bux / Universum Film

Auch ich selbst sowie meine Frau, die ebenfalls aufmerksam lauschte, waren durchaus fasziniert. Sie, weil sie die Story noch gar nicht kannte und ich, weil ich zwar in der Kindheit den Film gesehen, aber nicht das Buch gelesen hatte. 

Atrejus Reise quer durch eine fantastische Welt, auf der Suche nach Rettung, war wirklich wunderschön geschrieben und zog uns fast in das Buch hinein. Beinahe so, wie es auch Bastian passierte.

Das zweite Drittel, vielleicht auch etwas mehr als das, war dagegen für den Lesefluss eher abträglich. Das Buch wird ab dem Moment, als Bastian Phantasien erreicht gefühlt zu einer Sammlung lose zusammenhängender Kurzgeschichten. Jede für sich sicherlich faszinierend, jedoch zu episodenartig, um für uns wirklich gut zu funktionieren. 

So kam es durchaus vor, dass meine Kinder beim Vorlesen einschliefen oder meine Frau lieber ihr Handy zückte, um nebenbei Instagram zu checken. Als Vorleser ist das deprimierend, ich denke aber auch, dass es als Zuhörer schwierig war der Geschichte zu folgen, da sie eben sehr „zerfleddert“ wirkte.

Dazu kamen ein paar wenige fortlaufende Handlungsstränge, die aber leider teilweise in der Bedeutungslosigkeit endeten. So zum Beispiel der Teil um die Magierin Xayide, welche zunächst großen Einfluss auf Bastian ausübt, am Ende aber ziemlich belanglos aus der Geschichte scheidet.

Gegen Ende nahm das Buch dann aber doch wieder etwas Fahrt auf. Als Bastian erkannte, dass sein eigentliches Ziel sein muss, wieder zu seinem Vater und damit in seine eigene Welt zu gelangen und wie er gegen das Vergessen sowie sein mögliches Scheitern ankämpft, sind gute Unterhaltung mit einem moralisch tief verwurzelten Ansatz. 

Es war auch anhand meiner Zuhörer deutlich zu erkennen, dass die Story wieder interessanter wurde. So stellte unsere Tochter wieder mehr Nachfragen zu dem was passierte, war also klar erkennbar wieder „in der Story“.

Die Moral von der Geschicht‘

Die unendliche Geschichte hat erzählerisch aus meiner Sicht im Mittelteil ihre Schwächen. Trotzdem ist mir, nachdem ich sie nun zum ersten Mal komplett gelesen habe, klar geworden, warum dieses Buch so erfolgreich war und noch immer ist.

Die Story ist zeitlos und wirklich fantastisch. Bastian ist der Junge von nebenan, welcher in der Schule gehänselt wird und wenig Selbstbewusstsein hat. Speziell für diesen Typus von Kind wird er zu einer untypischen, aber sehr optimistisch anmutenden Heldenfigur. Zunächst, weil er in Phantasien alle Fähigkeiten erhält, die er sich in seiner Welt wünschte: er ist stark, klug und mächtig.

Fuchur der Drache / Universum Film

Später jedoch – und das ist der erheblich wichtigere Teil – weil er sich darauf besinnt, dass sein wahres Ich viel bedeutender ist und dass daran rein gar nichts falsch war. Mit dieser Erkenntnis macht er sich auf den Weg und kämpft für seine Rückkehr, auch wenn er dabei seine in Phantasien gewonnenen Fähigkeiten wieder verliert. Eine ganz starke Botschaft wie ich finde.

Selbst meine erst neunjährige Tochter hat dies erkannt und schloss mit den Worten, dass es gut ist, dass Bastian wieder bei seinem Vater ist – denn das Wichtigste ist immer die Familie.

Empfehlen kann ich das Buch allemal. Sowohl für Kinder, als auch für Erwachsene ist es eine Lesereise wert. Der etwas zähe Mittelteil sollte nicht dazu führen, es zur Seite zu legen, denn die Moral der Geschichte entschädigt definitiv für die Mühe.

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