Chris liest: In den letzten Stunden der Dunkelheit – Peter Klisa

Es war ein stinknormaler Freitagnachmittag. Mein Weg führte mich in meine Buchhandlung um mir meine wöchentliche Dosis Perry Rhodan abzuholen. Da jedoch kein Besuch des lokalen Buchhandels mit einer kurzen Runde durch den Laden auskommt, fiel mir Peter Klisa’s Erstlingswerk in die Hand. Hier muss ich auch wieder einmal eingestehen dass ich ein Leser bin der gerne mal ein Buch nach dem Cover kauft. 

Um was geht es eigentlich

Schon ein Blick auf das Cover verrät uns dass der Heyne-Verlag diesen Roman als Thriller platziert. Hier wurde ich beim ersten Umdrehen des Taschenbuchs schon stutzig. Der Klappentext ist recht kurzgehalten und verspricht „April 1945. Eine Gruppe US-Soldaten begibt sich auf geheime Mission. Ihr Ziel ist der gefährlichste Ort der Welt: Berlin.“. Spätestens hier wusste ich, dass eigentlich nichts schiefgehen kann. Ein saustark designter Einband, eine Geheimmission im Berlin des April 1945 und ein Preis von 11€, was soll da schon schiefgehen? 

Bereits nach den ersten Seiten im Roman bemerkte ich, dass hinter diesen verlockenden Fassade doch noch etwas mehr steckt. Denn die Mission der US-Soldaten dreht sich um die Evakuierung der deutschen Forscher des Uranvereins. Ziel ist es die wissenschaftlichen Errungenschaften der Nazis in Sachen Atombombe aber auch in Sachen ziviler Nutzung von Atomenergie, vor der roten Armee zu retten. Doch nicht nur der zweite Weltkrieg dient hier als Motivation, sondern auch die kommenden Auseinandersetzungen der Siegermächte. 

Verwoben wird die Handlung mit einer persönlichen Geschichte des Protagonisten, der eine besondere Beziehung zur Stadt Berlin pflegt und die Geheimmission zu einer persönlichen Suche nutzt. So entspinnt sich von der ersten bis zur letzten Seite ein spannender und temporeicher Plot der sich am Ende vielleicht doch nicht so entwickelt wie man es sich als Leser zu Beginn vorstellt. 

Die Schwächen des Romans

Ich bin mir sehr bewusst darüber, dass ein Buch in meiner Meinung steigt oder fällt, abhängig von der Immersion die dem Autor gelingt. Leider fällt es mir schwer diesem sehr temporeichen Plot investiert zu folgen, wenn an den spannendsten Stellen, die persönliche Geschichte des Protagonisten anhand von Ausschnitten aus einer pittoresken Vorkriegserzählung unterbrochen wird. Ich kann sehr gut nachvollziehen warum der Autor diesen Weg geht und bewusst die Geschichte der Handlungsgegenwart unterbricht, doch stört dies meine Leseerfahrung doch empfindlich. Da ich aber weiß dass ich bei solchen Designentscheidungen sehr empfindlich reagieren, möchte ich dass direkt relativieren. Denn obwohl die Handlung immer wieder unterbrochen wird, habe ich den Roman in ca. 5 Stunden gelesen. Das ist bei einem Umfang von etwa 400 Seiten, doch recht eindeutig. 

Dass der Protagonist eigentlich ein eher ruhiger Charakter ist und den Krieg eigentlich aus der zweiten Reihe erlebt, führt mich zu einem weiteren Kritikpunkt. Denn hier habe ich die meisten Probleme. Ein Captain der US-Army der den Krieg mit Masse als Übersetzer verbracht hat, meldet sich freiwillig für eine Selbstmordmission nach Berlin um eine verflossene Liebe in der umkämpften Stadt zu finden sowie das Organisationsgenie hinter dem Atomprogramm der Nazis zu entführen? Ach naja ich sehe schon ein dass man die Pille schlucken muss damit die Geschichte funktioniert. Ich bin mir sehr sicher dass ihr versteht dass ich diese Entscheidung selbst bei Captain America höchstselbst in Frage stellen würde. 

Der nun folgende Kritikpunkt bezieht eigentlich ein riesiges Lob mit ein. Der Roman ist wirklich sehr gut recherchiert. Natürlich schlägt er hier und dort mal etwas über die Stränge, strafft oder verwässert gewisse Sachverhalt um eine spannende Geschichte zu produzieren. Doch im Herzen ist das Fundament dieser Geschichte sehr belastbar. Doch meine Kritik fällt genau in diese Kerbe. Der Umgang der Soldaten miteinander und wie zu welchem Zeitpunkt eine Kommunikation stattfindet, war mir dann sich zu unrealistisch. Ein Captain der so mit einem Colonel umgeht? Soldaten die so in einem Feuergefecht miteinander reden? Auch auf Seiten der deutschen Wehrmachtssoldaten die in die Handlung mit eingreifen, greift dieses Problem um sich. 

Die Stärken des Romans

Ab dem Zeitpunkt der Landung in Berlin und der hier entfesselten Action, die natürlich direkt jegliche Pläne über den Haufen wirft, entspinnt sich ein sehr spannende und dicht Atmosphäre. Die ständige Bedrohung durch die Hetzjagd auf den Wissenschaftler Bergmann und die Jagd der Nazis auf die Amerikaner, haben mich durchgehend begeistert. 

Die Jagd der Amerikaner wird nicht durchgehend aus einer Perspektive erzählt. Immer wieder schwenkt Klisa auf ein Suchkommando der roten Armee um, die mit dem selben Auftrag im dritten Reich unterwegs sind. Zwischenzeitlich wird die Geschichte auch aus Sicht eines Wehrmachtoffiziers erzählt, der zur Bewachung von Bergmann abgestellt wurde. Diese Aufteilung der Erzählung führt im letzten Drittel zu einem atemberaubenden Tempo, dass sich sehr filmisch liest. 

Doch meine Leseempfehlung entsteht durch einen zentralen Punkt. Der Roman erzählt nicht nur die Geschichte einer Selbstmordmission, sondern nimmt sich auch die ethisch moralische Komponente einer Atomwaffe vor. Hier kann man vielleicht sagen, dass die Antizipierung der Atomwaffe ein wenig zu modern gerät, doch bringt dies meiner Meinung nach, der Bewertung keinen Abbruch. 

(M)Ein Fazit

Unter dem Strich hatte ich einen Heidenspaß mit diesem Roman. Für den aufgerufenen Preis gibt es meiner Meinung nach nichts zu meckern. Hier bekommt eine super spannende und dichte Leseerfahrung geboten, die ich so nicht von einem Erstling erwartet hätte. Auf Goodreads habe ich volle fünf Sterne für den Roman vergeben. Ich kann jedem der Spaß hatte an Filmen wie „Saving Private Ryan“ nur empfehlen diesen Roman mal in die Hand zu nehmen. 

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